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Schönweitz-Kolumne: „Talente scheitern, weil sie zu früh zu viel wollen“

GOKIXX News

In der fünften Ausgabe seiner exklusiven Kolumne bei GOKIXX spricht Meikel Schönweitz, Cheftrainer der U-Nationalmannschaften, über den Übergang vom Nachwuchs- in den Profibereich und den Kampf um einen Platz in der Mannschaft. Er erklärt dabei, warum Geduld eine Tugend ist und worauf es auf dem Weg zu den Profis ankommt.

Die A-Nationalmannschaft befindet sich personell im Umbruch. Auch die deutsche U21 zeigt nach der Europameisterschaft und dem Trainerwechsel ein neues Gesicht. Dabei sind junge Spieler wie Florian Wirtz, Jamal Musiala (beide 2003) oder Karim Adeyemi (2002) bereits häufig bei Hansi Flick im Team und Talente wie Erik Shuranov und Jan Thielmann (beide 2002) zeigen sich schon in der U21. Aus der GOKIXX-Community erreicht mich in dem Zusammenhang häufig die Frage, ob ihr als Spieler in der Bundesliga und beim DFB nur eine Rolle spielt, wenn ihr so früh durchstartet? Die Frage „Wie früh muss ich Profi werden?“ scheint Euch zu beschäftigen.

Ihr kennt die Aussage „Qualität setzt sich am Ende immer durch“. Doch ich muss als Spieler erst einmal zeigen, ob ich diese Qualität tatsächlich habe. Dabei sind die ersten Einsätze oft von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Der richtige Trainer
  • Die Situation des Vereins
  • Die Spielklasse und Tabellensituation
  • Die Verletzungssituation in der Mannschaft
  • … und viele weitere Punkte

Wichtig ist, dass ich mich auf das konzentriere, was ich beeinflussen kann: meine eigene Leistung. Und da muss ich zum richtigen Zeitpunkt im Training, in Testspielen und Spielen der Junioren-Teams oder zweiten Mannschaften liefern.

„Im Seniorenbereich darf ich Fähigkeiten nicht mit Effektivität verwechseln.“

Meikel Schönweitz (Cheftrainer der U-Nationalmannschaften)

Mein Anspruch muss es sein, dem Trainer keine Chance zu geben, mich nicht aufzustellen. Dabei darf ich aber im Seniorenbereich Fähigkeiten nicht mit Effektivität verwechseln. Das heißt, ich muss nicht nur andeuten, dass ich gute Skills habe – ich muss auch zeigen und beweisen, dass ich auf dem Platz einen Mehrwert für die Mannschaft habe und sie durch mich besser wird. Und das nicht nur einmalig, sondern jeden Tag, in jedem Training und in jedem Spiel.

Mit Geduld an die Spitze

Geduld ist dabei eine der wichtigsten Eigenschaften. Viele Talente scheitern daran, dass sie zu früh zu viel wollen. Sie werfen zu schnell die Flinte ins Korn, wenn der Sprung nicht sofort und beim ersten Anlauf gelingt. Viele wollen lieber den direkten Weg gehen und sehen dabei nicht die Chance, die sich über den indirekten Weg bietet.

„Auch ein großes Talent wie Michael Jordan ist nicht direkt von der Highschool in die NBA gewechselt.“

Meikel Schönweitz (Cheftrainer der U-Nationalmannschaften)

Michael Jordan war für viele der größte Basketballspieler aller Zeiten. Er war auch eines meiner Jugendidole. Aber auch ein so großes Talent wie er ist nicht direkt von der Highschool in die NBA gewechselt, was vergleichbar mit einem direkten Sprung von der U19 in die Bundesliga ist. Er holte sich stattdessen den Feinschliff im College, also quasi in der U23, und landete erst mit 21 Jahren in der NBA. Das hinderte ihn nicht daran, die Liga anschließend über Jahre zu dominieren. Ähnlich kann es auch im Fußball gehen. Der Weg über die U23, wie ihn Ridle Baku gewählt hat, ist ebenso möglich wie zunächst in einer tieferen Liga Spielpraxis zu sammeln.

Verdiene Dir Deinen Platz in der Mannschaft

Doch auch wenn ich den Sprung in den A-Kader geschafft habe, muss ich mir eins klarmachen: Im Seniorenbereich wartet niemand auf mich! Dort bin ich zunächst nicht derjenige, der die Spiele entscheidet oder an dem sich die Mannschaft orientiert, sondern nur ein Konkurrent. Ich bin jemand, der einem anderen Spieler den Platz streitig machen will, um selbst zu spielen. Darüber freut sich natürlich niemand. Meinen Platz muss ich mir erst einmal verdienen, denn freiwillig wird er mir nicht überlassen. Meine Mitspieler müssen daher möglichst schnell merken, dass ich ihnen auf dem Platz weiterhelfe und dafür sorge, dass auch sie und damit die Mannschaft besser spielt. Sie müssen also erkennen, dass ich einen Mehrwert für das Team darstelle. 

Konzentriere Dich auf Deine Leistung

Dieses Standing muss ich mir erarbeiten, auch wenn es dauern wird. Je früher mir das bewusst ist, desto besser kann ich mich auf meine eigentliche Aufgabe, meine Leistung, konzentrieren. Ich muss es als Herausforderung sehen. Und das beginnt bereits in der Jugend. Wenn ich mich als starker Spieler darauf ausruhe, gesetzt zu sein, verliere ich jeden Tag wertvolle Zeit, um mich auf den physischen und psychischen Anspruch im Seniorenbereich vorzubereiten. Bereits in der Jugend muss ich so trainieren und spielen, dass ich mir jeden Einsatz hart erarbeite und mich nicht darauf verlasse gesetzt zu sein. Dann komme ich vorbereitet in die nächsthöhere Altersklasse und bin nicht gefrustet, wenn ich nicht direkt auf dem Platz stehe. Mit der richtigen Einstellung und der notwendigen Geduld, „setzt sich Qualität am Ende immer durch“. 

Bildquelle: imago images/Werner Scholz